Emmi Pikler lebte von 1902 bis 1984 und fand in ihrer pädagogischen Tätigkeit als Kinderärztin heraus, dass sich Kinder gesund entwickeln und ihrem Potential entsprechend entfalten – und das auch schon im Säuglingsalter – wenn sie aus eigener Initiative heraus aktiv werden. Sie erleben dabei sich selbst. Den Erwachsenen bedarf es als Begleiter, der sich immer wieder auf das Neugelernte des Kindes einstellt und seine Angebote anpasst. Er wird dadurch nicht zum Stimulator des Kindes, sondern schafft die Voraussetzungen für die Entdeckungen des Kindes aus eigener Motivation und Freude heraus. Das unterscheidet die Arbeit mit den Kindern grundsätzlich von einer zielgerichteten Pädagogik. Wenngleich es auch Emmi Pikler nicht um ein „laissez-fair“ und ohne Ziele ging. Ganz im Gegenteil – der Erwachsene ist der Wegbegleiter beim Anziehen und dem Essen genauso wie bei der Vorbereitung einer geeigneten Umgebung für das spielerische Entdecken.
In der Pikler-Pädagogik sind die drei Grundprinzipien achtsame Pflege, selbständige Bewegungserfahrung und freies Spiel bestimmend für den Umgang mit den heranwachsenden Kindern. Dahinter verbergen sich für mich mehr als drei Konzepte. Ich erlebe bei ihrer Umsetzung immer wieder, wie sehr sie den Bedürfnissen der Kinder entsprechen. Damit sich die Kinder tatsächlich frei entfalten können, sind es darüber hinaus der respektvolle Umgang, die Ansprache, die Gesten, die innere Stimmung des Erwachsenen, die das Miteinander bereichern.
Das bestimmt aber nicht nur die Beziehung zwischen den Kindern und mir, sondern auch die Kinder untereinander erleben sich liebevoll, freudvoll, lebendig, aufmerksam und achtsam. Das zu erleben, ist ein Geschenk. Es resultiert aus der pädagogischen Arbeit nach den drei Grundprinzipien der Pikler-Pädagogik. Deshalb möchte ich diese gern erweitern um die soziale Komponente. Ein ausreichend beschreibenden Begriff möchte ich noch finden.
Emmi Pikler gründete in den 1940er Jahren in Budapest ein Kinderheim – Lodzy genannt. Bis heute wird es nach der Pädagogik von Emmi Pikler als Krippe geführt und beherbergt auch das Pikler-Institut. Das Team besteht aus Pädagoginnen, Pflegerinnen, Psychologinnen, Ärztinnen und Soziologinnen. Es forscht in ihrem pädagogischen Alltag wie es Emmi Pikler tat, weiter und bringt immer wieder beachtliche Zusammenhänge und Erkenntnisse hervor. Diese werden im Rahmen internationaler Seminaren, Symposien und diverser Schriften veröffentlicht.
Ausgewählte Artikel für weitere Informationen (pdf):
Anna Tardos: Autonomie und/ oder Abhängigkeit
Ute Strub: Miteinander vertraut werden
Christine Rainer: Jede Begegnung hat Bedeutung
Daniela Pichler-Bogner: Beziehungserfahrung auf dem Wickeltisch
Annett Bossin – Gedanken und Erkenntnisse aus der Gehirnforschung und Pädagogik
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